Auf großer Tour mit neuem Fluglehrer
Mein Fluglehrer ist in Urlaub. Kein Grund, nicht zu fliegen! Ersatzweise fliege ich heute und das nächste Mal mit Kristian, denn noch immer fehlen mir über 4 Pflichtstunden vor der Prüfungsanmeldung. Auch deshalb haben wir uns für heute eine ordentliche Strecke vorgenommen. Die Aquila wartet bereits vor der Wolkenkulisse auf uns. Das Wetter mag einfach nicht schöner werden in diesem Frühling.
Ich glaube es tut mir ganz gut, mit einem neuen Fluglehrer unterwegs zu sein. Schließlich erklärt jeder anders und man kann immer etwas neues mitnehmen. Außerdem kennt er meine fliegerischen Qualitäten noch nicht und schaut vielleicht etwas kritischer auf das, was ich heute im Cockpit vollbringe.
Auf dem Weg nach Heubach besteht meine erste Aufgabe darin, den Segelflugplatz Göppingen-Betzgenriet (EDSE) zu finden. Zwar bin ich mir ziemlich sicher, wo wir sind, nur der verflixte Platz ist nicht zu sehen. Kein Wunder. Es handelt sich dabei nämlich lediglich um eine 360m lange Graspiste auf einer Wiese. Im Sturzflug und mit über 160kt zeigt mein Fluglehrer, wo sie liegt. Würde ich nicht schemenhaft die spärlichen weissen Hütchen zur Bahnmarkierungen erkennen, würde ich behaupten, bei diesem Platz handelt es sich um eine Obstwiese.
In Heubach angekommen übe ich erneut die Platzrunde. Anders als letzte Woche ist heute die Piste 25 in Betrieb. Ich steuere die Aquila in den rechten Queranflug und beginne mit den Vorbereitungen für das Aufsetzen und Durchstarten. Es ist die erste Landung mit meinem neuen Fluglehrer und so hält er seine Hände erst einmal in der Nähe des Sticks. Die Landung ist ok, nach dem Aufsetzen darf ich noch mehr ins rechte Seitenruder treten.
Gerne möchte ich die Platzrunde noch einmal abfliegen und Kristian schlägt vor, mit den Landeklappen auf Stufe 1 zu landen. Mit ein paar Knoten mehr als sonst befinde ich mich bereits wieder im Endanflug, die Reifen quietschen über den Asphalt. Geschafft.
Unsere Tour hat jedoch gerade erst so richtig begonnen. Wir fliegen weiter nach Schwäbisch Hall (EDTY). Fünf Minuten vor Erreichen stelle ich den Funkkontakt mit der Radio Mandatory Zone (RMZ) her und kündige unsere Touch-and-Gos an. Auch hier ist heute die entgegengesetzte Piste in Betrieb und so drehen wir nach dem Sinkflug vor der Kochertalbrücke in eine Linkskurve und biegen direkt in den rechten Gegenanflug der Piste 28 ein.
Mein Fluglehrer zeigt mir die markanten Punkte zum Eindrehen in den Quer- und den Endanflug, ansonsten ist der Anflug auf Schwäbisch Hall weitgehend unspektakulär. Der Endanflug ist lang und gesäumt mit Landelichtern, die für den IFR-Verkehr am Adolf Würth Airport erforderlich sind. Sogar ein Precision Approach Path Indicator (PAPI) steht mir zur Verfügung, ich fliege die Aquila jedoch lieber direkt bis zur Schwelle.
Während des Anfluges schauen wir uns die Jets an. Eine Cessna Mustang wartet einsam auf ihren Einsatz. Schließlich setzen wir auf und starten durch, über einem Kreisverkehr geht es zurück in den rechten Gegenanflug. Die nächste Landung wird eine ohne Klappen. Bei einer 1.500m langen Beton-Piste bleibt mehr als ausreichend Zeit, um die Maschine auch mit 70kt in aller Seelen-Ruhe auszuschweben.
Wir verabschieden uns von Schwäbisch-Hall in Richtung LBU VOR. Dankbar lausche ich dabei meinem Fluglehrer, der mir potentielle Fragen eines Prüfers schildert. Etwa weshalb bei einer Aquila eine zusätzliche elektrische Kraftstoffpumpe erforderlich ist oder wo im Flughandbuch ich das Kapitel mit den Notverfahren finde. Zwischendurch baut er weitere Kleinorientierungsaufgaben ein.
Mittlerweile haben wir das LBU VOR erreicht und dehnen unseren Flug noch ein Stück aus, indem wir zunächst das KRH VOR anschneiden, bevor es wie ursprünglich geplant zum SUL VOR geht. Das ist prima so, schließlich möchte ich ja meine 45 Stunden so bald wie möglich erreichen.
Der Kurs zum SUL VOR führt uns einmal mehr an meinem Wohnort vorbei. Ich zeige Kristian unser Häuschen, bevor wir weiterfliegen und hinter Herrenberg noch ein wenig Airwork durchführen. Neben Vollkreisen mit 30° und 45° Neigung üben wir erneut das Überziehen, denn diese Sicherheitsrelevante Übung wird ein Prüfer ganz sicher sehen wollen.
Weiter geht es nach Winzeln-Schramberg (EDTW). Hier hatte ich mir ja vorgestern bereits die Platzrunde von oben angesehen. Es ist Segelflugbetrieb am Platz und so beschließen wir, lediglich einen tiefen Überflug durchzuführen. Im Endanflug auf Piste 32 geschieht dann allerdings etwas, auf das ich nicht gefasst bin.
Eine Biene sitzt auf meinem Bein und krabbelt verwirrt und nervös umher. Wo war die denn auf einmal hergekommen? Sie muss den Weg durch den Frischlufteinlass überlebt haben. Ansich ja harmlos. Im Endanflug von einer Biene gestochen zu werden, war jedoch das letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte. Ungläubig teile ich meinem Fluglehrer mit, dass er bitte kurz übernehmen solle, während ich das arme Tier unschädlich mache.
Schon einmal am Stick, möchte mein Fluglehrer auch etwas Spaß haben. Er erhöht die Motorleistung und wir sägen mit gehörigem Tempo im Tiefflug über die Piste von Winzeln, um an deren Ende mit deutlich erhöhtem Lastvielfachem wieder steil zu steigen. Da kommt ganz klar der Citation Jet Pilot durch, denn diese Maschinen fliegt Kristian, wenn er nicht mit Flugschülern durch die Lande gondelt. Das bringt nicht nur jede Menge guter Laune, sondern zeigt zudem, wie weit innerhalb der Parameter ein Flugzeug selbst bei solch einem Manöver noch fliegt. Flugschüler in einer Prüfung sollten so eine Nummer jedoch besser nicht bringen.
Auf dem Weg zurück Hahnweide löchere ich meinen Fluglehrer zu Tipps und Tricks für die Prüfung. Ich bin sehr dankbar für die eine oder andere Übung, die wir noch absolvieren. Schließlich beenden wir unsere 232 NM (430km) lange und bereits weit über 2 Stunden andauernde Tour mit zwei Ziellandungen. Zwar habe ich noch immer das Gefühl, aufgrund der nahenden Prüfung nervöser und schlechter zu fliegen, als sonst, trotzdem bin ich mit dem Tag insgesamt zufrieden. Nächste Woche sind die letzten Pflichtstunden fällig, bevor es schließlich ernst wird.
Hallo Joey,
wie ist das Gefühl bei den ersten Überziehsituationen, ist stelle mir das heftig vor. Wie geht man damit um im Flieger, wie fühlt sich das an?
VG Michael
Hallo Michael,
am Anfang ist das mit dem Überziehen sehr ungewohnt, v.a. wenn man es wirklich bis zum Strömungsabriss kommen lässt. Wie man damit umgeht, ist genau Bestandteil der Ausbildung und begleitet Dich während Deinen Auffrischungen hoffentlich noch viele Male, damit Du nicht aus der Übung kommst. Irgendwann wird es „normal“…