Airwork auf 9.000ft

Es ist Anfang Februar und knackig kalt. Die Sonne strahlt herrlich über dem Platz, als ich im Schnee die Vorflugkontrolle der Aquila durchführe. Für meine zweite Flugstunde hat mein Fluglehrer „Airwork“ angekündigt und ich bin schon freudig gespannt.

Ich starte heute von der Gras-Piste 31, die sich unter einer dicken eisigen Schneeschicht versteckt. Mein Fluglehrer möchte in meiner zweiten Stunde weiter herausfinden, „wie viel Arbeit“ er mit mir hat. Brav folge ich seinen Anweisungen und nehme Kurs Richtung Mengen auf der Schwäbischen Alb. Während ich auf 9.000ft (ca. 2.800m) steige, zieht unter uns die wunderbar sonnige Winterlandschaft vorbei. Bei einer Steigrate, die allmählich von 500ft/min auf 300ft/min abnimmt, dauert es eine ganze Weile, bis wir oben sind. Über der Alb haben wir dann bereits einen herrlichen Ausblick, der sich bis zur Zugspitze erstreckt.

Nun ist harte Arbeit angesagt. In dieser Höhe ungestört übe ich, wie sich die Maschine bei verschiedenen Manövern verhält. Über viele Dinge hatte ich bereits gelesen, die meisten auch am Simulator „geübt“. Etwa das Zusammenspiel von Querruder und Seitenruder. Neu lerne ich z.B. das negative Wendemoment kennen.

Das Erlernte wird gleich ausgiebig erprobt. Ich fliege mehrere Vollkreise und Halbkreise in beide Richtungen, und achte penibel auf den Einsatz des Seitenruders. VFR-Schüler sollten sich dabei vor allem draußen am Horizont orientieren, trotzdem kann ich es mir dabei nicht verkneifen, auf den Slip-Indicator im Cockpit zu schielen.

Nächste Übung: Fliegen mit einer exakten Geschwindigkeit. Ich reguliere den Pitch und steuere mit dem Leistungshebel nach. Das ganze gleich noch einmal mit ausgefahrenen Klappen.

Nächste Übung: Gefahreneinweisung. Nun wird es etwas heftiger. Zunächst beschleunige ich die Maschine bis zur strukturellen Belastungsgrenze, kurz vor dem roten Strich am Fahrtmesser. So weit, so schauerlich. Es geht noch besser. Als nächstes verzögere ich die Maschine durch nach oben ziehen bis kurz vor dem Abschmieren, denn es ist wichtig, einen beginnenden Strömungsabriss zu erkennen. Der Stall-Warner ist längst am Dauer-Fiepen.

Ich verzögere weiter und spüre, wie der Steuerknüppel sich unruhig zu schütteln beginnt. Die Maschine torkelt wie auf einem Stück Seife hin und her, bis sie abrupt nach links abkippt. Ich nehme beherzt die Nase des Fliegers nach unten (überlege mir während wir schwerelos in den Gurten hängen, ob ich mir das Frühstück nochmals durch den Kopf gehen lassen soll) und fange die Aquila mit einem zusätzlichen Tritt auf des Rechte Ruderpedal ab, bevor wir ins trudeln geraten. Das Ganze wiederholen wir dann noch 6-7 mal in allen verschiedenen Geschwindigkeits- und Klappenkonfigurationen.

Schauerlich? Es geht noch besser! Mit den Worten „Das was ich jetzt tue, passiert Ihnen hoffentlich nie wieder!“ dreht mein Fluglehrer die Zündung ab und hält mir den Schlüssel vor die Nase. Der Motor ist aus. Ich fühle mich trotzdem erstaunlich sicher und ruhig. Wir testen ca. eine halbe Minute, wie sich die Maschine ohne Motor fliegt. Spätestens jetzt ist mir klar, was mit „Airwork“ gemeint war.

Den Motor wieder angelassen geht es zurück zur Hahnweide – und es sollte längst noch nicht Feierabend sein. Mein Fluglehrer erklärt mir die Referenzpunkte der Platzrunde und fliegt einen ersten Touch-and-Go auf die dick verschneite Piste 31. Dann bin ich an der Reihe und knüppele die Maschine 3 Mal durch die Platzrunde. Mein erstes Durchstarten fällt etwas ruppig aus, beim zweiten klappt es schon besser.

Ganz schön viel gleichzeitig zu beachten. Kurs, Höhe, Geschwindigkeit, Leistung, Verstellpropeller, Kraftstoffpumpe, Vergaservorwärmer, Klappenkonfigurationen…

Wir sind schon eine ganze Weile in der Luft, als wir beschließen für heute Feierabend zu machen. Mit einem satten Grinsen im Gesicht steige ich auf dem Vorfeld aus der Aquila und blinzle in die Mittagssonne. In meinem Logbuch vermerke ich 1:40 Stunden Flugzeit! Wow! Ich vereinbare meine nächsten Termine und freue mich schon riesig auf den nächsten Unterricht.

SPIC 2h 37m
von 45h