Der Solo Dreieckflug

Vorfreude und Respekt vor der Aufgabe begleiten mich heute zum Flugplatz. Mit dem Solo Dreieckflug steht heute der letzte große Punkt der Flugauabildung bevor.

Es ist noch früh, als ich am Flugplatz ankomme. Die Sonne blinzelt friedlich hinter der Burg Teck hervor und der Tau glitzert auf der mit Löwenzahn bewachsenen Graspiste. Ich checke und betanke an diesem Morgen als erster meine Maschine.

150 NM (277 km) sowie Starts und Landungen auf drei verschiedenen Flugplätzen sind zu absolvieren. Mein Fluglehrer hat die Strecke von der Hahnweide (EDST) über Donaueschingen (EDTD) nach Leutkirch im Allgäu (EDNL) und zurück zur Hahnweide ausgewählt, so dass insgesamt sogar 200 NM (370 km) zusammenkommen. Die Aquila gehört mir die nächsten 3 Stunden ganz alleine.

Die Flugplanung hatte ich schon am letzten Samstag in Teilen vorbereitet, so dass ich heute lediglich noch die Wetterdaten und NOTAMs einhole, den Kraftstoffbedarf berechne sowie Start- und Landestrecken festlege. Anschließend noch alle Unterlagen und Anflugblätter ins Kniebrett einlegen, die ICAO-Karte herrichten und meine drei Flugdurchführungspläne im LBA-Format falten.

Außerdem erhalte ich heute einen schriftlichen Flugauftrag auf einem Formblatt von meinem Fluglehrer, den ich bei jedem Zwischenstopp abstempeln lassen muss. Trotz meiner Vorbereitung vom Samstag vergeht eine gute Stunde, bis ich startklar bin. Pünktlich um 9 Uhr klettere ich dann ins Cockpit.

Ein bisschen Aufregung ist schon dabei. Mein bislang längster Flug und das ohne Fluglehrer steht unmittelbar bevor. Noch akribischer als sonst arbeite ich mich durch die Checkliste. Der Runup-Test am Rollhalt ist abgeschlossen. Und dann geht es los.

„DOX rollt auf die Piste und startet.“ höre ich mich über Funk sagen. Ich drehe auf die Piste 31 und schiebe den Leistungshebel nach vorne. Ein bisschen rutscht die Aquila über das feuchte Gras, dann erhebt sie sich in die Lüfte.

Ich verlasse die Platzrunde über Nürtingen und nehme im Steigflug Kurs auf das Sulz VOR (SUL, 116.100 MHz). Den OBS auf den richtigen Kurs eingedreht genieße ich während meinem Flug Richtung Tübingen und Rottenburg die Aussicht. Nördlich liegt verschlafen der Flughafen Stuttgart, die morgendliche Rush-Hour ist wohl schon vorbei.

Trotz der vielversprechenden GAFOR-Wettervorhersage ist es recht dunstig. Zudem entwickeln sich bereits leichte Turbulenzen. Über dem Sulz VOR wechsle ich auf die Frequenz von Donaueschingen Info und lausche schon einmal dem dortigen Verkehr. Es sind tatsächlich bereits zwei IFR-Flüge in der Radio Mandatory Zone (RMZ) unterwegs.

Hinter Villingen beginnt der Anflug auf Donaueschingen. Ich melde mein Vorhaben über Funk und bekomme mitgeteilt, dass die Piste 36 in Betrieb ist. Laut dem Anflugblatt fliege ich von Westen her an und folge einer Stromtrasse diagonal Richtung Schwelle. Das Überfliegen der Ortschaft ist wie üblich zu meiden. Einen wirklichen Queranflug gibt es nicht, es geht direkt in ein kurzes Endteil.

Und das ist wirklich kurz. In voller Landekonfiguration drehe ich ein, über der Schwelle bin ich noch immer im Kurvenflug. Ein bisschen zu tief bin ich auch. Mit ein wenig Schleppgas richte ich die Maschine auf die Piste aus. Die Nase schön nach oben, schwebe ich die Maschine aus. Die Überziehwarnung meldet sich kurz, dann setze ich auf. Geschafft!

Obwohl sich in Donaueschingen Fuchs und Hase gute Nacht sagen, ist das Vorfeld vollgestellt mit Fliegern. Bonanza, Seminole, PA-28. Und wo soll ich nun parken? Die Antwort des Flugleiters über Funk („… da wo Platz ist“) hilft mir nicht wirklich weiter. Ganz am Ende des Vorfelds ist noch ein schmaler Streifen frei. Ich stelle die Maschine dort ab und schiebe sie von Hand rückwärts in die Lücke.

Dem Flugleiter hätte ich wohl besser ein Frühstück mitgebracht, denn er hatte noch nicht wirklich gute Laune. Einen Stempel für meinen Flugauftrag erhalte ich dann doch noch. Die Landegebühr entrichtet mache ich mich direkt wieder auf den Weg. Godbye Donaueschingen. Auf nach Leutkirch!

Die Startrichtung hat gewechselt. Ich rolle zur Piste 18 und trete beim Startlauf mit dem Seitenruder ordentlich gegen den kräftigen Seitenwind. Der Flugleiter meinte, ich könne die Platzrunde hinter einem Baggersee in südwestliche Richtung verlassen. Von dort setze ich wieder Kurs laut meinem ursprünglichen Flugplan. 80 NM (148 km) ist die nächste Strecke lang, ich werde ca. 45 Minuten benötigen.

Über das Autobahndreieck in Singen geht es Richtung Überlingen am Bodensee. Hatte ich am Morgen noch auf einen tollen Ausblick mit Alpenpanorama gehofft, sind die Aussichten nun jedoch im wahrsten Sinne des Wortes getrübt. Die Ausläufer des Bodensees sind noch zu erkennen, das Schweizer Ufer steckt dagegen in einer dunstigen Suppe.

Die Strecke über Oberschwaben gestaltet sich so etwas monoton, das einzige, das ich zu tun habe, ist ab und an die Flughöhe zu verringern. Die Wolkenuntergrenze sinkt teilweise doch deutlich unter 5.000 ft. Gut, dass meine Mindestsicherheitshöhen sauber im Flugdurchführungsplan hinterlegt sind.

Ein gutes Stück hinter Weingarten und Ravensburg melde ich mich dann bei Leutkirch Info. Die Piste 06 ist in Betrieb. Und dass der Flugleiter hier bessere Laune hat, ist auch schon erkennbar. Er bietet mir sogar einen Direktanflug an, ich ziehe dennoch die reguläre Platzrunde vor. Habe ich doch noch die Worte meines Fluglehrers im Ohr, dass ich mir möglichst Zeit lassen soll, um ausreichend Solo-Stunden aufzubauen.

Der Anflug in Leutkirch erfolgt von Süden über einen kleinen Wald. Die Luft ist während der ganzen Strecke noch turbulenter geworden, außerdem hat der Wind zugenommen. Und so schüttelt es im Lee hinter dem Wald ordentlich, als ich in den rechten Gegenanflug drehe. Hinter mir folgt eine Cessna 172, ich gebe ich über Funk regelmäßig meine Position durch. Schon schwebe ich wieder aus, auf der 1000m langen Piste komme ich weit vor der Halbbahnmarkierung zum stehen.

Beim Rollen zum Vorfeld beobachte ich die Landung der C172, die sich ebenfalls am Seitenwind erfreut und mit dem rechten Hauptfahrwerk zuerst wuchtig aufsetzt. Der Türmer in Leutkirch ist freundlich. Meine Bemühung den Pilotenschein zu erwerben kommentiert er trocken mit „Zeit wird’s“ und stempelt meinen Flugauftrag.

Ich werfe einen kurzen Blick auf die Uhr. Wenn ich sofort wieder los fliege, reicht es genau innerhalb der geplanten Zeit zurück. Ganz schön sportlich mein Flugplan. Und so langsam bemerke ich, wie sehr so ein langer Flug an den Kräften zehrt. Ich bin schon ein wenig müde. Auf dem letzten Teilstück vergesse ich dann auch noch, meine GoPro-Kamera wieder zu starten, mit der ich den Flug dokumentieren wollte. Das sollte ich jedoch erst später bemerken.

Am Rollhalt macht der Propeller seltsam unregelmäßige Geräusche und es dauert kurz, bis ich verstehe, dass dies Windböen sind, die schräg von vorne auf die Flugzeugnase treffen. Als ich die Nase des Fliegers auf der Bahn ausrichte, ist alles wieder normal. Zurück zur Hahnweide!

Die Wolkenuntergrenze bleibt niedrig, so dass ich nicht höher als 4.000 ft steige. Über Biberach und die Donau geht es zurück in nördlichere Gefilde. Querab dem Heeresflugplatz Laupheim vergrößere ich die Ansicht auf der GPS-Karte ein wenig, jetzt noch einen militärischen Luftraum zu verletzen würde mir gerade noch fehlen.

Endlich sehe ich die Albkante und nehme Kurs auf den Hohenneuffen. Über Funk melde ich meinen Anflug. Es ist mittlerweile Segelflugbetrieb mit Schleppflugzeugen und Motorseglern am Platz. Auf der Piste 13R werde ich heute meine letzte Landung absolvieren. Auch diese rechte Platzrunde hat einen eher kurzen Anflug. Deutlich zu hoch drehe ich in den Queranflug. Ich setze die Klappen voll und slippe, was das Zeug hält. Gut, dass wir das letzten Samstag noch geübt haben, denn so komme ich genau passend bis zur Schwelle. Noch ein letztes Mal ausschweben. Die Aquila setzt sich in das Meer aus Löwenzahn. Zur Sicherheit frage ich nach, ob ich die Piste 13L kreuzen kann und rolle zügig zum Vorfeld. Geschafft!

Erschöpft steige ich aus dem Flieger. Mein Fluglehrer ist noch mit einem anderen Flugschüler unterwegs, ich beschließe noch kurz auf ihn zu warten. Während ich im Briefing-Raum mein Logbuch befülle, wird mir erst richtig klar, wie lange ich heute eigentlich alleine unterwegs war. Mein Fluglehrer freut sich, dass alles gut geklappt hat. Beim nächsten Flug soll es dann gleich mit dem nächsten Solo-Überlandflug weitergehen. Für heute ist allerdings nur noch ausruhen und genießen angesagt.

SPIC 21h 52m
PICUS 5h 47m
von 45h