Das erste Solo

Die Wolken hängen satt und tief, als ich zum Flugplatz fahre. Meine Erwartungen sind niedrig und ich beschließe, mich einfach auf ein paar nette Landungen zu freuen. Auch mein Fluglehrer Jochen ist nur mäßig begeistert vom Wetter und so beschließen wir, heute direkt nach Mengen-Hohentengen zu fliegen.

Mein Vorsatz für heute lautet, so intuitiv wie möglich zu fliegen. Das macht sich gleich beim Start bezahlt. Die Aquila bleibt heute mit einem beherzten Tritt ins rechte Ruder schnurgerade in der Spur und driftet nicht nach links ab, wie beim letzten Mal.

Nach 30 Minuten und einer netten Plauderei sind wir in Mengen (EDTM). Dass mein Gefühl für die Maschine und die Prozeduren zurück ist, merke ich gleich beim Einflug in die Platzrunde. Kraftstoffpumpe an, Vergaservorwärmung ziehen, Leistung auf Leerlauf, Nase hoch, Fahrt reduzieren, Klappen auf Stufe 1, abdrehen zum Queranflug.

Die erste Landung klappt gleich prima. Mein Fluglehrer lehnt sich entspannt zurück und reduziert seine Kommentare auf ein Minimum. Die zweite Landung ist butterweich. „Besser geht’s ja wohl kaum“, meint Jochen. Auch bei der dritten Landung sitzt alles und der Spaßfaktor liegt bei 100%.

Als ich gerade erneut durchstarten will, fährt Jochen die Klappen ein, legt die Hand auf den Leistungshebel und bremst ab. „Wir starten jetzt nicht mehr durch. Heute fliegst Du Solo! Und heute kommst Du mir auch nicht mehr drum herum…“

Ich strahle. Heute bin ich bereit dafür. Wir rollen zur Parkposition und Jochen steigt aus. Mit letzten Instruktionen und der Anweisung, dass ich so lange alleine Platzrunden fliege, bis er mir über Funk Bescheid gibt, wünscht er mir viel Spaß. Ich schließe die Haube. Ein bisschen komisch ist es dann doch, als ich alleine zur Piste 26 rolle.

Ich gehe die Checkliste vor dem Start durch und rolle auf die Bahn. Ich schaue nochmals auf den leeren Platz rechts neben mir. Dann gebe ich vollen Schub und die Aquila pest über die Piste. Brav entlaste ich frühzeitig das Bugrad. 50 Knoten. Behutsam ziehe ich den Stick einen halben Zentimeter nach hinten. Das Hauptfahrwerk löst sich vom Boden. Ich fliege. Alleine. Nach nur 8 Stunden und 8 Minuten praktischer Ausbildung fliege ich nun das erste Mal ganz alleine.

Mit einem breiten Grinsen drehe ich in den Querabflug und spule mein Programm ab. Kaum den Queranflug über Funk gemeldet erhalte ich den Windvektor. „Wind aus 240 mit 8 Knoten“. Wovor ich bislang am meisten Bammel hatte – nämlich alleine zu landen – läuft plötzlich ganz automatisch. Ich fühle mich ruhig und sicher. Verstellpropeller auf Start, Klappen voll ausgefahren, Vergaservorwärmung weggedrückt, Leistung im Leerlauf. Gutmütig lässt sich die Maschine auf die Mittellinie der Landebahn ausrichten. Der Wind kommt fast genau von vorne.

Ich passiere die Schwelle und fange die Maschine behutsam ab, das Ruder rechts leicht getreten. Jetzt nur noch Ausschweben und… quietsch, quitsch… setzt sich die Aquila sanft auf die Bahn. Gelandet! Was für ein tolles Gefühl.

Ich starte durch und wiederhole dieses erhebende Erlebnis gleich einige weitere Male. Zwischendurch glaube ich, dass mein Fluglehrer Jochen mich gar nicht mehr zurückholen will. Mit jeder Platzrunde werden die Landungen routinierter, flüssiger zielgenauer und sanfter.

Meine sechste Landung steht an, als ich Jochen über Funk höre. „Das sieht wirklich sehr gut aus, mache eine Abschlusslandung und rolle zur Parkposition“. Gesagt getan. Ich freue mich riesig, als ich den Motor abstelle, die Haube öffne und Jochen mir bereits zum Gratulieren entgegenkommt.

Zur Feier des Tages geht es nun erst einmal einen Kaffee trinken, bevor wir bestens gelaunt zurück zur Hahnweide fliegen.

SPIC 8h 43m
PICUS 0h 28m
von 45h