Fliegen nach ICAO-Karte, Funknavigation und Notlandeübungen
Heute steht endlich mal ein ordentlicher Streckenflug auf dem Programm. Es sind die letzten Sonnenstunden vor einer hereinziehenden Warmfront. Die Thermik lässt bereits ordentlich grüßen. „Heute ist es turbulent!“, begrüßt mich mein Fluglehrer. „So schnell wie der letzte Flugschüler den Flieger vollge….. hat, konnte ich gar nicht landen.“
Gut, dass ich ordentlich gefrühstückt habe, so ist mein Magen schon einmal gut auf das Wetter vorbereitet. Und gut, dass wir mit der Aquila fliegen, die ist nämlich noch sauber. Meine ICAO-Karte Blatt Stuttgart liegt fertig gefaltet im Cockpit. Die Maschine ist geprüft und betankt. Schon beim Start wird klar, dass es heute ein holpriger Ritt wird, aber sei es drum, macht ja Spaß.
Zunächst lautet die Aufgabe wieder, markante Punkte auf der Karte durch reine Sichtnavigation zu finden. Für diese erste Kleinorientierung lautet das Ziel Mittelfischach, ein winziges Segelfluggelände bei Bühlertann, zwischen Schwäbisch Hall und Ellwangen. Ich fliege über Göppingen und Schwäbisch Gmünd, achte auf die Lufträume rund um Stuttgart und finde den Platz dank der verräterischen Segelflugzeuge dann an einer vermuteten Straßenkreuzung. Wir fliegen gleich weiter und vergleichen ein paar weitere markante Punkte auf der Karte mit dem Bild, dass sich uns außerhalb des Cockpits bietet.
Ab sofort hat dann mein Fluglehrer seinen Spaß. Mit den Worten „Huch, ich glaube Dein Motor ist gerade ausgefallen!“ zieht er unvermittelt den Leistungshebel in den Leerlauf. Notlandeübung! Ein bisschen gemein ist das schon, trotzdem muss ich grinsen, als ich mir ein Stück Acker ausgucke, auf den ich die Notlandung anfliege. So wie ich es während der letzten Solo-Stunden gelernt habe, schätze ich die Höhe ab und nähere mich in einem langen Bogen meinem Notlandeplatz. Am Ende muss ich doch noch kräftig im Seitengleitflug „Slippen“. Mein Fluglehrer ist aber zufrieden. „Das hätte schon gereicht, das Slippen hat Dich gerettet. Durchstarten!“. 10 Meter über dem Boden gebe ich Vollgas.
Das nächste Ziel der Kleinorientierung ist ein Rückhalte-See in Bayern, ziemlich genau auf Ost-Kurs. Einige Windräder und die Autobahn A7 helfen mir bei der Sichtnavigation. Siegesgewiss halte ich Kurs, als ich plötzlich der Motor keine Leistung mehr bringt…
„Oh, Dein Motor ist schon wieder ausgefallen!“ Auf ein neues! Ich gucke mir eine langezogene Wiese neben einem Waldstück aus, es liegt markant und vor allem flach in der Landschaft. Meine Ziellandeübung im Gleitflug klappt prima. Mein Fluglehrer gibt Tipps, wie er jetzt bei einer realen Notlandung noch feinjustierten würde. Wieder einmal in aller Seelen-Ruhe. Dieses Mal sind es keine 4 Meter über Grund mehr, als ich das erlösende „Durchstarten“ höre.
Nur wo war jetzt doch gleich noch einmal der See, den ich eigentlich suchen sollte? Mühsam orientiere ich mich neu. Es gelingt und wir kommen tatsächlich im fränkischen Hechlichen am See an. Eine weitere Orientierungsaufgabe später erfahre ich am Hesselberg von meinem Fluglehrer noch etwas über die Flugausbildung an dieser Stätte in der Zeit vor 1945.
Nun gehen wir über zur Funknavigation. Auf 5.000ft fliegen wir zunächst das Würzburg VOR direkt an (WUR 110,200 MHz), danach erhalte ich die Aufgabe es auf Radial 120° inbound mit 60° anzuschneiden. Ich steuere folglich Kompasskurs 360°. Über das Luburg VOR (LBU 109,200 MHz) geht es dann zurück Richtung Großraum Stuttgart. Dabei nutze ich jeglichen Komfort des ultramodernen Garmin GTN 650 mit Touchscreen, mit dem die Aquila A211 ausgestattet ist. So ist auch das programmieren des direkten GPS-Kurses zurück zur Hahnweide ein Kinderspiel.
Es bleibt noch etwas Zeit, um im Flughandbuch die Performance-Tabellen der Aquila für verschiedene Reisekonfigurationen zu studieren und über die „Für-und-Wider“ von iPad-Kniebrettern zu fachsimpeln. Über dem Flugplatz Schwäbisch Hall angekommen hören wir noch schnell die ATIS von Stuttgart ab (Automatic Terminal Information Service, 126,125 MHz), um den aktuellen QNH zu erfahren.
Dann sind wir auch schon wieder über der Burg Teck und melden uns an der Hahnweide zur Landung. Der Segelflugbetrieb ist mörderisch. Ein paar waghalsige Spezialisten schrauben sich in den Thermiken direkt in der Platzrunde herum. Mein Fluglehrer ist Gott sei dank die ganze Zeit aufmerksam wie ein Luchs. Wir fluchen beide, als wir in den Queranflug drehen. Der Vogel wird dann letztlich noch vom ehrenamtlichen Wochenend-Flugleiter abgeschossen. Er bittet die vor uns gelandete Schleppmaschine mitten auf der Piste stehen zu bleiben, anstatt zügig von der Piste zu rollen. Als wir das hören, befinden wir uns bereits im kurzen Endteil. Blitz schnell schiebt mein Fluglehrer den Leistungshebel auf Vollgas! Wir starten durch. Ich setze die Klappen auf Startstellung und wir beenden unseren heutigen Flug mit einer Ehren-Platzrunde.
Insgesamt haben wir 197 NM (365 km) in 2 Stunden 11 Minuten zurückgelegt. Neben der Kleinorientierung und Funknavigation standen simulierte Motorausfälle und Notlandeübungen auf dem Programm. Ein abwechslungsreicher und wirklich toller Samstag!