Ciao Venezia! Rückweg mit abenteuerlicher Alpen-Passage

Der nette Skipper unseres Wassertaxis wartet wie vereinbart auf uns, als wir nach unserem leckeren italienischen Mittagessen zurück zur Anlegestelle von San Marco schlendern. Mit einem Affenzahn geht es quer über die Lagune zurück zum Flugplatz.

Die Cessna steht anmutig in der Nachmittagssonne. Unseren Flugplan hatten wir ja bereits bei der Ankunft aufgegeben und betankt war die Maschine auch bereits. Ich führe eine schnelle Vorflugkontrolle durch, dann hüpfen wir wieder ins Cockpit.

Über Funk koordiniert mein Fluglehrer einen Direktabflug nach Norden, einmal quer durch die Kontrollzone des Verkehrsflughafens Venezia Tessera (LIPZ). Zunächst erhalten wir nur ein „Coordinazione in progresso“, bekommen dann schließlich aber die Freigabe.

Ich lasse die Maschine an und rolle zum Rollhalt der Piste 05. Auf nach Hause! Die Meerenge, die das Ende der Graspiste markiert, fest im Blick schiebe ich den Leistungshebel nach vorne. Der Flugleiter übergibt uns unmittelbar nach dem Start an Venezia Tower. Ich setze Kurs auf den Verkehrsflughafen, der bereits deutlich sichtbar ist und freue mich, nochmals einen tollen Ausblick auf Venedig im nachmittäglichen Sonnenlicht zu erhaschen.

Noch haben wir keine Freigabe zum Kreuzen der Landebahn erhalten. Während ich die Cessna auf einem leicht westlichen Kurs halte, beobachten wir einen Airbus A320, der gerade auf der Piste 04R aufsetzt. Dann meldet sich Venezia Tower, „Cleared for crossing“.

Unser nächster Wegpunkt ist Thiene, wir wollen auf so direktem Kurs wie möglich zurückfliegen. Die Italienische Tiefebene liegt dabei leider unter einer satten Dunstglocke, so dass wir wenig von der reizvollen Landschaft zu sehen bekommen. Es erfolgt ein Frequenzwechsel zu Padova Radar. Wie schon auf dem Hinflug ist auch heute Nachmittag die Frequenz wieder gut ausgelastet.

Unsere Höhenfreigabe für den Einflug in die Alpen erhalten wir erst nach mehreren Minuten und keine Sekunde zu früh, den in Anbetracht der vor uns ansteigenden Berge wird es für unseren Steigflug nun höchste Zeit. Mit 500ft Sicherheitshöhe passieren wir den ersten Hügel.

An schönen Wäldern, Bergseen, alten Festungen und Schutzhütten vorbei genießen wir den Ausblick auf die Täler der westlich gelegenen Alpen, die durch die Inversionswetterlage bereits in dickem Nebel versinken.

Kurz vor Bozen haben wir schließlich unsere Reiseflughöhe von 12.000 ft erreicht. Kurz schießt mir das Kapitel „Hypoxische Hypoxie“ (Mangelversorgung des Gewebes mit Sauerstoff) aus dem Theorie-Unterricht durch den Kopf und ich beobachte aufmerksam meine geistigen und motorischen Körperfunktionen. Alles scheint normal zu sein.

Das Wetter verschlechtert sich unterdes zusehends. Die Wolkenbasis sinkt beständig ab und 30km vor uns baut sich eine dunkle verregnete Wolkenwand auf. Wir stehen vor der Entscheidung, entweder via Bozen über den Brennerpass zu fliegen oder wieder die Route über das Timmelsjoch zu nehmen. Wir entscheiden uns für letzteres.

Über Meran setzt schließlich der Regen ein und es wird turbulent. Als der Autopilot mit den Scherwinden annähernd überfordert ist, fliege ich lieber von Hand weiter. Wir erreichen das Timmelsjoch. Je weiter das Gelände vor uns ansteigt, desto größer werden dabei die Lee-Winde. Die Cessna sinkt trotz Steiggeschwindigkeit (Vy) mittlerweile mit 300ft/min. Bis zum Joch bleibt wenig Spielraum. Wir passieren es letztlich zwar ziemlich nierdig, jedoch trotzdem noch mit ausreichender Sicherheitshöhe. An der Luv-Seite des Berges entlang geht es wieder entspannter weiter ins Ötztal.

Über dem Inntal Richtung Füssen sieht man bereits prima auf die Deutsche Seite der Alpen. Es ist mitterweile kurz vor 18 Uhr. Die Sonne strahlt vom Bodensee her durch die Regenschauer zu uns herüber und taucht das Tannheimer Tal in ein goldenes Licht.

Verwöhnt vom monumentalen Panorama in den Alpen kommt uns die restliche Flugstrecke über das Allgäu und die Schwäbische Alb bis zurück zur Hahnweide fast schon öde vor, als über Stuttgart plötzlich die Sonnenstrahlen aus der Wolkendecke brechen und einen versöhnlichen Ausklang des Abends verheisen. Die Burg Teck und die Platzrunde der Hahnweide bereits in Sicht, schließen wir an der Alb-Kante unseren Flugplan über die FIS-Frequenz.

Mein Anflug auf die Piste 31 verläuft Problemlos, schließlich habe ich hier Heimspiel. Die warmen Sonnenstrahlen begleiten uns auf unseren letzten Metern, ich schwebe aus und die Cessna sitzt genau am Anfang der Schwelle. Erschöpft aber glücklich stellen wir die Cessna vor dem Hangar ab. Eine kleine Streicheleinheit mit dem Mikrofaserputztuch hat sie sich redlich verdient.

Ein aufregender Tag geht zu Ende. Venedig an einem Tag, das muss ich erst einmal sacken lassen. Ein unvergessliches Erlebnis! Und hoffentlich nicht das letzte dieser Art.

SPIC 27h 21m
PICUS 8h 9m
von 45h