Über die Zugspitze VFR nach Innsbruck (LOWI)

Wie oft bin ich auf dem Weg nach Italien in Richtung Brennerpass mit dem Auto am Flughafen Innsbruck vorbeigefahren. Und wie oft bin ich diesen legendären Platz zu Hause im Flugsimulator angeflogen. Nach vielen verschobenen Gelegenheiten sollte heute nun endlich alles passen, um LOWI einen Besuch mit dem Flieger abzustatten.

Für die Alpen ist Kaiserwetter vorhergesagt. Nur auf der Hahnweide hält sich der Saison-typische Bodennebel am Morgen wieder sehr hartnäckig. Mittlerweile bin ich das ja gewohnt. So muss ich den Flugplan um eine Stunde nach hinten verschieben, doch dann endlich steht es fest. Heute werde ich nach Innsbruck fliegen. Die Cessna 172 mit dem Garmin G1000 ist bereits fertig gecheckt, Flugplan und Routing habe ich schon Tage zu vor wie folgt vorbereitet.

FPL-DEAKS-VG -C172/L-SY/S -EDST0915 -N0110VFR TEDGO DCT KPT DCT GOVTU DCT -LOWI0112 EDJA EDNY -DOF/170219 EET/EDMM0002 LOVV0043

Ich verlasse die Hahnweide und den Luftraum um Stuttgart und steige zügig auf FL95. Ein breites Band entlang der Donau auf der schwäbischen Alb liegt noch unter geschlossenen Stratuswolken und gefrierendem Nebel. Unweigerlich halte ich nach möglichen Notlandefeldern außerhalb dieses Bereiches Ausschau, die ich im Zweifel im Gleitflug erreichen könnte. Hoch oben der Cessna hingegen ist es bereits wunderbar sonnig. Ich lausche den Funksprüchen auf FIS bei Langen Information (128,950) und München Information (126,950) und habe ansonsten so weit oben meine Ruhe.

Bei Füssen steige ich auf FL115 und München übergibt mich an Innsbruck Approach. Ab jetzt wird es spannend. So weit wie heute bin ich noch nie alleine in die Alpen eingeflogen. Ich erhalte ein Routing zur Zugspitze und genieße die sagenhafte Aussicht auf die verschneiten Berggipfel der Voralpen und des Hauptalpenkamms. Unter mir erspähe ich das Schloss Neuschwanstein.

Die Berge flößen mir Respekt ein. Und obwohl ich rund 2.000ft vertikalen Abstand zu den höchsten umliegenden Gipfeln halte, folge ich brav den Tälern durch das Gebirgsmassiv. Sorgsam überprüfe ich regelmäßig die Motor-Parameter des Lycoming 4-Zylinder. Erst im letzten Sommer hatte ich beim Anflug auf Koblenz (EDRK) einen herben Leistungsverlust nachdem sich an einem Zylinder das Auslassventil verabschiedet hatte.

Heute sind alle Parameter im Normalbereich und ich kann den weiteren Flug genießen. Es geht an der Zugspitze vorbei durch das Gaistal. Rechter Hand ist bereits das Inntal zu bestaunen, noch abgetrennt vom Gaistal durch scharfkantige beinahe 3.000 Meter hohe Berge. Überall sind Skilifte und winzige Punkte zu erkennen, die den Berg hinunter gleiten. Ob die Skifahrer den kleinen weissen Punkt am Himmel wohl bemerken?

Für den Anflug auf Innsbruck hatte ich mir das November Routing ausgesucht. Über den Scharnitz-Pass (November 1) und Seefeld (November 2) ins Inntal (Whiskey 2).

Noch immer bin ich auf FL115. Ich informiere Innsbruck Approach, dass ich auf 7.500ft sinken werde. Der Radar-Lotse übergibt mich sogleich an Innsbruck Tower (120,100). Ich erhalte die Anweisung weiter Höhe abzubauen und November 2 in maximal 6.000ft zu überfliegen. Ich schalte den Autopiloten aus, nehme das Gas zurück und lasse die Maschine leicht nach rechts abkippen.

Während ich einen Vollkreis fliege, um gemütlich die Höhe abzubauen, genieße ich das traumhafte Winter-Panorama. Die Sonne strahlt kräftig aus dem satt blauen Himmel und blinzelt unter der Tragfläche hindurch zu mir ins Cockpit. Ich genieße den Moment. Koste jede Sekunde aus.

Als ich schließlich ins Inntal einfliege, erhalte ich noch einige Verkehrshinweise. Der Flughafen Innsbruck spickelt bereits hinter der massiven steilen Felswand hervor und ich bekomme sogleich die Anweisung direkt in den Gegenanflug Piste 26 einzufliegen und mich für einen kurzen Anflug bereitzuhalten.

Im Funk ist die Hölle los. Als ich bereits querab der Piste 26 bin und auf meiner rechten Seite beinahe schon den Brennerpass erspähe, sind noch zwei kleinere Maschinen aus Osten kommend im Anflug. Gerade als ich die Skisprungschanze zu meiner Rechten erspähe, höre ich schließlich „D-KS, Short Approach 26“. Sofort drehe ich in eine steile Linkskurve. Unter mir zieht glitzernd der beinahe schon türkisfarbene Inn vorbei. Als ich ins Endteil eindrehe, kommt die Landefreigabe.

Das General Aviation Parking in Innsbruck liegt direkt am Rollweg Bravo. Hier möchte ich von der Piste abrollen. Meine Landestrecke auf der ansonsten 2.000m langen Piste beträgt somit ziemlich genau 350m. Für jeden Hahnweide-Piloten also quasi beinahe alles wie zu Hause. Und so rolle ich wie geplant direkt auf der gelben Bodenmarkierung von der Piste ab.

Am Boden zeigt sich deutlich, was sich bereits im Funk abgezeichnet hat. An diesem Sonntag is die Hölle los. Jede Parkposition ist mit Linien-Fliegern, Privat-Jets, Helikoptern und Kleinflugzeugen zugepflastert. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass ich hinter dem Rollhalt erst einmal einige Minuten auf ein Follow Me warte, dass mich schließlich zu einer Parkposition zwischen einem Jet und einer TBM700 und vor einem Helikopter und begleitet.

Ich stelle den Motor ab, steige aus und stehe mitten drin im Trubel. Die Sonne scheint warm und ich beschließe meine Jacke im Flieger zu lassen. Nur eine Warnweste nehme ich vorsichtshalber mit. Nachdem ich meine Landegebühren bezahlt habe, genieße ich das Privileg, mich frei auf dem Vorfeld zu bewegen und schieße beim Spaziergang zurück zum Flieger ein paar Bilder. Ein Airliner jagt den nächsten. Ein Privatjet erscheint opulenter als der andere. Eine Dame in Pelz, die offensichtlich vom Skifahren kommt, steigt in einen Helikopter und wird von Ihrem Piloten zurück nach Frankreich kutschiert. Die ansonsten herrliche Alpen-Luft riecht nach Kersion. Und mein mitgebrachtes Brötchen schmeckt zudem mit dieser Kulisse heute besonders gut.

Mein Flugplan für den Rückflug ist auf 1215 UTC angesetzt und so klettere ich nach rund einer Stunde Aufenthalt wieder zurück ins Cockpit. Meine VFR Clearance für das November Routing erhalte ich prompt, auf das Rollen muss ich wegen des erhöhten Verkehrsaufkommens einige Minuten warten.

Dann schließlich geht es los. Vor mir startet ein easyJet Airbus. Ich erhalte Anweisung zur Abflugposition auf die Piste zu rollen und zu warten. Mögliche Wirbelschleppen des Airliners sind der Grund hierfür. Und so frage ich nach dem Start auch gleich nach, ob ich nach rechts in Richtung Meldepunkt Golf abdrehen darf, was umgehend bestätigt wird.

In Richtung November 2 erhalte ich noch einen letzten Verkehrshinweis, dann darf ich die Frequenz verlassen. Auf dem Rückweg fliege ich noch einmal näher an der Zugspitze vorbei, bevor es schließlich via Kempten VOR zurück zur Hahnweide geht. Auf der Schwäbischen Alb wird das Wetter bescheiden, die Sicht geht stark zurück.

Auf der Hahnweide ist nicht weniger los als in Innsbruck. Rund 20 Segelflugzeuge kreisen um die Teck, unzählige Paraglider wimmeln am Hohenneuffen und mehrere Motorflieger sind in der Platzrunde unterwegs. Dennoch verläuft der Anflug koordiniert und diszipliniert. Zufrieden und erschöpft steige ich aus dem Flieger. Welch ein herrlicher Ausflug. Hinter eines meiner Traum-Ziele kann ich heute ein kleines Häkchen setzen. Meine Begeisterung für die Alpen ist heute noch weiter gewachsen. Bozen, Trento, Belluno. So viele Ziele, die es noch anzufliegen gibt. Den Respekt vor den Bergen, den werde ich mir jedoch bewahren.