Der erste Flug mit Familie

Heute Nachmittag fahren wir das erste Mal gemeinsam auf die Hahnweide. Schon seit Monaten fragt mich meine zweijährige Tochter, wann sie endlich einmal mitfliegen darf. Die Vorfreude wächst mit jedem Kilometer zum Flugplatz und nicht nur meine beiden Damen sind schon etwas aufgeregt – ich selbst bin es auch. Das Wetter ist durchwachsen, aber insgesamt gut fliegbar. Hier und da reissen bereits die Wolken auf.

Anders als sonst, drehen sich die Gedanken heute im Vorfeld weniger um Flugplanung, Kraftstoffvorrat und Abfluggewicht. Das alles habe ich bereits am Tag zuvor erledigt. Heute heissen die Herausforderungen Kindersitz, Kinderheadset und Verpflegung für unterwegs.

Am Flugplatz angekommen, deponieren wir unsere Ausrüstung erst einmal im Briefing-Raum und machen uns durch die Werkstatt auf den Weg zum Hangar. Hier haben meine Beiden die Gelegenheit, alle Flugzeuge aus nächster Nähe zu betrachten und hier und dort einmal Probe zu sitzen. Wir schauen uns die beiden Aquilas, die Cessna 152-Flotte sowie die Cessna 172-Flotte an.

Dann machen wir uns auf den Weg zur D-EAKS, der Cessna 172 SP G1000, mit der wir heute unterwegs sein werden. Den Kindersitz eingebaut und unsere Ausrüstung verstaut, geht es zur Tankstelle. Ich tanke beide Flügel etwas mehr als 3/4 voll und nähere mich so bereits dem maximalen Abfluggewicht. Den unverwechselbaren Geruch von AvGas in Nase klettere ich schließlich wieder von der Leiter. Was auch immer uns erwarten mag, genügend Sprit haben wir so auf jeden Fall dabei.

Flugs die Vorflugkontrolle erledigt, sitzen wir drei dann schließlich angeschnallt im Flieger. Ein kleine Sicherheitsunterweisung muss noch sein. Mein Töchterlein hat schon drei mal gefragt, ob es jetzt endlich los geht. Ich betätige die Fuel Boost Pump und starte den 180 PS Lycoming-Motor. Der Öldruck kommt sofort. Wir rollen zum Rollhalt der Piste 13.

Der Runup geht dank Fixed Pitch Propeller schneller als mit der Aquila. Die Kanäle der zwei Funkgeräte belege ich schon einmal mit den wichtigsten Frequenzen für unterwegs vor. Ein letzter Blick auf die Rückbank – alle sind abflugbereit. Jetzt geht es los.

Wir verlassen die Hahnweide über den rechten Querabflug der Piste 13 und nehmen erst einmal Kurs Richtung Reutlingen. Die Luft ist ruhig, die Cessna hängt satt am Himmel. Meinen beiden Damen gefällt es. Ca. 30-40 km beträgt die Flugsicht, genügend, um weiträumig die lokale Topographie zu bestaunen.

Von Reutlingen aus sehen wir bereits Hohenzollern und beschließen einen kurzen Abstecher dorthin zu machen. Herrlich thront die Burg auf dem Hügel und reckt sich in den frühherbstlichen Nachmittagshimmel. Die Wanderwege, die wir sonst schon mühsam erklommen haben, sind hervorragend zu erkennen.

Weiter geht es in heimische Gefilde. Nach rund einer viertel Stunde überfliegen wir Herrenberg und Nufringen. Jeder erspäht etwas Bekanntes und zeigt es jeweils dem anderen. Der Flug ist richtig gemütlich und entspannt.

Über die A8 hinweg, an Leonberg vorbei und über das Schloss Solitude nehmen wir schließlich Kurs auf den Stuttgarter Kessel. Der Abend bricht so langsam herein und die Sonne, die hier und da durch die Wolkenfetzen bricht, taucht die Stadt in ein goldenes Licht. Wir überfliegen den Rosensteinpark und die Wilhelma und folgen weiter dem Neckar, bis wir kurz vor Ludwigsburg schließlich umdrehen.

Für den Rückweg hatte ich den beiden einen Flug durch die Kontrollzone des Flughafens Stuttgart (EDDS) via der Meldepunkte ECHO und OSCAR versprochen. Mit aktuellen ATIS-Informationen melde ich uns beim Tower. Der Lotse ist entspannt und sehr freundlich. Unterdessen genießen wir weiterhin den Ausblick auf Stuttgart, die große Baustelle am Bahnhof und die Parkanlage am Schlossplatz.

Genau zwischen dem Fernsehturm und dem Funkturm erreichen wir ECHO. Brav melde ich mich bei meinem Lotsen. Über seine Antwort freue ich mich riesig. „D-KS, fliegen Sie in die Kontrollzone über ECHO und direkt nach OSCAR oder gleich zur Hahnweide… Oder wollt ihr noch einen Tiefanflug machen?“ Freudig bejahe ich diesen grandiosen Vorschlag. „D-KS, direkt in den rechten Queranflug Piste 25, später direkt nach OSCAR, Tiefanflug frei Piste 25.“

Zwar ist gerade wenig los am Airport, trotzdem höre ich die eine oder andere Linienmaschine im Funk. Und so versuche ich die Speed aufrecht zu erhalten, als wir uns der Piste nähern und schließlich mit 120 KIAS ins kurze Endteil drehen. Ca. 150ft über der Piste beende ich den Sinkflug, weiter runter traue ich mich nicht.

Im Reiseflug mit 115 KIAS brettern die 4km lange Piste entlang nach Westen. Links zieht der Tower vorbei. Ich stelle mir vor, wie das aus der Perspektive des Lotsen wohl aussehen mag. Rechts sind das General Aviation Terminal (GAT), die Mainentance Hangars und die Terminals mit den Feierabend-Maschinen von Germanwings und Air Berlin zu sehen. Querab der Luftfracht auf der linken Seite gehe ich schließlich wieder zum Steigflug über und bringe uns in einer Linkskurve auf Kurs Richtung Meldepunkt OSCAR.

Dort angekommen gibt mir der nette Lotse noch Verkehrsinformationen über 2 Motorflieger in meinem 5 NM Umkreis und wünscht uns eine gute Landung auf der Hahnweide. So macht Fliegen in der Kontrollzone richtig Spaß.

Außer uns ist nur eine Schulmaschine in der Platzrunde. Schon drehen wir in den Queranflug. Nach meinem Flug vom vergangenen Freitag achte ich heute besonders penibel auf exakte Anfluggeschwindigkeiten passend zu der jeweiligen Klappenkonfiguration. Bei der Cessna ist man viel mit Trimmen beschäftigt. Meine Mühen werden belohnt. Heute sinkt die Cessna brav so wie sie soll und ich fange sie sanft über der Schwelle ab.

Wir rollen von der Piste und stellen die Maschine neben einer anderen C172 ab. Ein letztes Foto. Ich ziehe den Gemischregler. Der Propeller steht. Wir sind wieder zurück. Hat doch ganz gut geklappt und neben dem Familienausflug selbst, war der Tiefanflug auf Stuttgart ein echtes Highlight. Meine beiden Damen sind ebenfalls zufrieden. Oder wie meine Tochter meinte: „Papa, das müssen wir bald mal wieder machen.“