Ausflug nach Friedrichshafen (EDNY)

Mit meinem ersten Passagier an Bord wird auch der heutige Flug wieder eine Premiere und so bin ich mir nicht ganz sicher, wer sich heute nachmittag mehr auf den bevorstehenden Flug nach Friedrichshafen (EDNY) freut. Die Flugplanung habe ich bereits zu Hause erledigt und so organisieren wir meinem Fluggast Sascha nur noch schnell ein Headset, bevor es zur Vorflugkontrolle der Aquila in den Hangar geht. Die Maschine bekommt noch ein Schlückchen Öl, dann schieben wir sie zur Tankstelle. Nach einer kurzen Sicherheitseinweisung geht es dann auch schon los.

Es ist unglaublich heiss heute, die Sonne brennt uns mit 33°C auf den Pelz. Unter der Glashaube der Aquila ist es noch um einige Grad heisser. Dies schlägt sich auch in der Kalkulation der Startstrecke nieder. Wir starten mit dem maximalen Abfluggewicht von 750kg auf einer Druckhöhe von 960ft und werden die Länge der Piste 31 voll ausschöpfen. Abflugbereit auf der Piste 31 ausgerichtet und die Bremsen getreten schiebe ich den Leistungshebel nach vorne, bei diesem Wetter ist Kurzstart angesagt.

startstrecke

Unser erster Streckenabschnitt führt uns an Nürtingen vorbei und den Neckar entlang Richtung Tübingen. Von dort geht es weiter das Ammertal entlang Richtung Herrenberg, wo Sascha und ich vor vielen Jahren zur Schule gegangen sind. Die Lüftung in der Aquila haben wir voll aufgedreht, auch die Schiebefenster sind einen Spalt offen. Doch bei den hohen Außentemperaturen will es unter der Glashaube nicht so wirklich kühler werden. Nach unserem kurzen Fotoflug über Herrenberg ziehen wir eine steile Kurve und setzen Kurs Richtung Burg Hohenzollern am Fuße der Schwäbische Alb. Von dort geht es schließlich direkt weiter Richtung Bodensee. Obwohl erst für den Abend vorhergesagt, bilden sich bereits jetzt erste Gewitterwolken. In Windeseile entwickelt sich ein Towering Cumulus nach dem anderen.

Wir lassen den Hohentwiel rechts liegen und fliegen schließlich bei Radolfzell über den türkis schimmernden Bodensee. Es ist mittlerweile sehr diesig geworden und so bekommen wir von dem erhofften Alpenpanorama heute leider nichts zu sehen. Dafür kreuzt über dem Bodensee ein Zeppelin unseren Weg, wir passieren ihn mit einem sicheren Höhenabstand von 1.000ft.

Ich beginne mit dem Anflug auf Friedrichshafen. Es wird mein erster Flug in eine Kontrollzone ohne Fluglehrer und somit heute eine weitere Premiere. Die ATIS abgehört und das QNH eingestellt, nehme ich Kurs auf den Pflichtmeldepunkt NOVEMBER und nehme über Funk Erstkontakt mit Friedrichshafen auf.

DOX: „Friedrichshafen Tower, DESOX“
Tower: „DESOX, Friedrichshafen Tower, hallo.“
DOX „DESOX, Aquila, VFR, 5 min. west of NOVEMBER, 2.600ft, for landing, Information QUEBEC received“
Tower: „DOX roger, Information QUEBEC correct, next report NOVEMBER“
DOX: „DOX wilco“

Das hat ja schon einmal gut geklappt. Wir genießen noch ein wenig den Ausblick Richtung Bodensee, dann aber ist höchste Konzentration gefragt. Sascha hält das Anflugblatt, parallel spicke ich immer wieder auf der Moving Map meiner Jeppessen Mobile Flightdeck App auf dem iPad.

Tower: „DOX, enter CTR, proceed NOVEMBER inbound route, next report right downwind RWY 24“
DOX: „DOX, enter CTR, proceed NOVEMBER inbound route, wilco“

Auf der Karte hatte ich mir vorab viele Male angesehen und überlegt, wo ich wohl am besten in den rechten Gegenanflug drehen könnte. Beruhigenderweise muss ich feststellen, dass sich diese Frage aus der Cockpitperspektive dann doch relativ intuitiv beantworten lässt. Wir halten von Westen direkt auf den Flughafen zu, die großen Hallen der Messe Friedrichshafen geben zusätzliche Anhaltspunkte. Links vor mir taucht eine Straßenkreuzung auf, die eine prima Sichtmarke für meine Anflugroute hergibt uns so melde ich mich wieder über Funk beim Tower.

DOX: „DOX, right downwind RWY 24“
Tower: „DOX, roger, Wind 210°/4kt, RWY 24 cleared to land“
DOX: „DOX, RWY 24 cleared to land“

Prima! Kein weiterer Verkehr weit und breit, wir haben unsere Ladefreigabe erhalten, was auch immer jetzt passiert, wir sind Nr. 1 zur Landung und ich kann meinen Queranflug und das Endteil in Ruhe nach meinem Ermessen abfliegen. Ein bisschen kantig drehe ich ins Endteil und versuche einen guten Gleitpfad bis hinter die Schwelle auf der riesigen Runway zu finden. Wir schweben aus, setzen kaum merklich auf und rollen bei Intersection DELTA von der Piste. Geschafft!

Tower: „DOX, taxi straigt and park APRON 3“
DOX: „DOX, taxi straigt and park APRON 3“

Wir stellen die Aquila direkt neben einer Robin 400 ab und öffnen sehnsüchtig die Haube. Eine frische Brise weht uns um die Nase. Welch eine Wohltat. Die Wartezeit auf den Crewbus vertreiben wir uns mit dem Beobachten des Flughafenverkehrs. Eine 737 der Germania startet für einen Urlaubsflug, dicht gefolgt von einem Learjet mit unbekanntem Ziel.

Endlich kommt unsere Mitfahrgelegenheit und wir werden zum Terminal gebracht. Wir treten durch die Schiebetüre, laufen durch die Gepäckhalle zum Ausgang und stehen dann unverhofft direkt im betriebsamen und wuseligen Terminal des Flughafens, mitten unter hunderten von Urlaubern, Familien und Geschäftsreisenden.

Ich suche das gelbe Schild mit dem „C“. Der Weg zur Luftaufsicht ist in Friedrichshafen nicht gerade der kürzeste. Durch einige Gänge und über so manche Treppe stehen wir schließlich im Obergeschoss des Flughafens und betreten das Büro der Luftaufsicht. Bei dem netten Plausch stellen wir freudig fest, dass die Motorflugschule eine Abbuchungsvereinbarung mit dem Flughafen hat, so dass ich die Landegebühren gar nicht vor Ort bezahlen muss, sondern diese direkt mit meiner Charterrechnung erhalten werde.

Eine kurze Stärkung später stehen wir mit den Passagieren der Urlaubsflieger an der Sicherheitskontrolle und warten. Wirklich lange dauert es jedoch nicht. Ich zeige meine Pilotenlizenz und erkläre Sascha nochmals zu meinem Passagier, dann dürfen wir durch die Sicherheitskontrolle. Ich fülle noch kurz ein Formular für Privatflieger aus und dann geht es auch schon zum Ausgang, denn unser Crewbus wartet bereits.

Zurück am Flieger hüpfen wir zügig in die Aquila, ich möchte so bald wie möglich wieder los. Denn was ich am Himmel Richtung Norden und auf dem Wetterradar der DWD-App sehe, gefällt mir nicht so wirklich gut. Dunkle Wolken brauen sich zusammen. Nur noch schnell ein Foto von der Boeing 737 der Turkish Airlines schießen, die auf dem Taxiway greifbar nahe an uns vorbei rollt.

Den Motor angelassen erhalten wir eine Rollfreigabe und machen uns selbst auch auf den Weg über Taxiway NOVEMBER zum Holdingpoint BRAVO RWY 24. Nach abgeschlossenem Runup-Test melde ich uns abflugbereit. Hinter uns macht sich zeitgleich ein Canadier CRJ-900 der Lufthansa auf den Weg zur Runway.

DOX: „DOX, Holdingpoint BRAVO RWY 24, ready for departure“
Tower: „DOX, leave CTR via departure route WHISKEY, Wind 230°/kt, RWY 24 cleared for takeoff“
DOX: „DOX, leave CTR via WHISKEY, RWY 24 cleared for takeoff“

Immer der gelben Linie entlang, rollt die kleine Aquila auf die vergleichsweise übertrieben groß wirkende Runway, ich schiebe den Leistungshebel nach vorne und wir schießen los. Auf einer Asphaltbahn zu starten ist deutlich angenehmer, als auf einer rumpeligen Graspiste. Nach kürzester Zeit holen wir genügend Fahrt auf und das Fahrwerk löst sich vom Boden. Wir steigen noch ein kurzes Stück gerade aus und genießen den Ausblick auf den Bodensee. Ein weiterer Zeppelin kreuzt außerhalb der Kontrollzone über Langenargen.

Tower: „DOX, turn right direct WHISKEY // LH375 line up RWY 24 and wait“
DOX: „DOX, turn right direct WHISKEY“
Tower: „LH375, cleared for Takeoff“

Wir drehen ab und fliegen parallel zum Ufer des Bodensees entlang Richtung WISHKEY. Zwei Minuten später sehen wir auf unserer 9 Uhr Position die Lufthansa Maschine, die in sicherer Entfernung bereits gute 2.000ft über uns weiter steigt, eine Kurve über dem See dreht und Richtung Norden weiterfliegt.

Auch wir wollen nach Norden, so direkt wie möglich zurück zur Hahnweide. Das GPS programmiert, wird schnell klar, dass die gewählte Route direkt durch die schwarzen Wolken führt, die sich gerade über der Schwäbischen Alb aufbauen. Es sind bereits starke Schauer sichtbar. Als erste Blitze aus den Wolken zucken, drehe ich nach Westen ab. Wir werden die lokalen Gewitter großzügig umfliegen.

Nicht ohne Grund habe ich die Aquila bis zum maximalen Abfluggewicht vollgetankt. Zwar ist unser Umweg nicht freiwillig, dafür jedoch um so imposanter. Der Himmel öffnet seine Schleusen und wir beobachten aus sicherer Entfernung, wie wahre Wolkenbrüche auf die kleinen Städte und Dörfer niedergehen.

Mein Ausweichkurs führt knapp am Flugbeschränkungsgebiet ED-R132 vorbei direkt Richtung Hohenneuffen. Auch über Stuttgart sind bereits Gewitterschauer erkennbar. Wir beginnen mit dem Sinkflug auf das Tiefenbachtal, fliegen von Süden in die Platzrunde der Hahnweide und drehen mit der Burg Teck als Sichtmarke in den Gegenanflug der Piste 31.

Die Böen des Gewitters haben die Hahnweide noch nicht erreicht, Quer- und Endanflug verlaufen vergleichsweise ruhig. Wir setzen auf der trockenen Graspiste auf, das Bugrad so lange wie möglich entlastet. Kaum haben wir die Parkposition erreicht und die Haube geöffnet, pusten heftige Windböen über den Platz und zerren an den Flügeln und Rudern der stehenden Flugzeuge. Schnell lege ich noch ein paar Bremsklötze unter das Bugrad, dann flüchten wir in den Briefingraum der Flugschule.

Wie immer war der Flug viel zu schnell vorbei. Wichtigstes Fazit des Tages: In eine Kontrollzone zu fliegen ist auch ohne Fluglehrer kein Hexenwerk. Wie bei allem gilt: Übung macht den Meister. Nochmals vielen Dank an Sascha für die Begleitung und die tollen Bilder von unterwegs.